Alireza Bardouni
War Goethe ein Sufi?
Eine Untersuchung anhand von Goethes Faust und Scheich Sanaan, einer Figur aus dem Werk Mantiq ut tair (Vogelgespr?che) des persischen Dichters Fariduddin Attar
Attar
Der zentrale Fokus der Dissertation richtet sich auf die Parallelit?t zwischen den Figuren von Faust in der Ausgestaltung durch Goethe und von Scheich Sanaan, einer Figur aus dem Werk Vogelgespr?che von Fariduddin Attar, dessen Protagonist eine mystische Entwicklung durchl?uft, ausgehend von der Liebe zu einer sch?nen Christin.
Einleitend wird die Begeisterung Goethes f¨¹r den Islam und sein tiefgreifendes Interesse an dem Koran, den heiligen Schriften des Islam, n?her betrachtet. Im Anschluss daran wird die Bedeutung von Attar und dessen Werken f¨¹r Goethe dargestellt. Anschlie?end wird sein Meisterwerk Faust vor dem Hintergrund sufistischer Mystik untersucht.
Im n?chsten Schritt werden die Biographie Attars und seine Werke skizziert sowie seine Auseinandersetzung mit dem Sufismus. Der Schwerpunkt liegt auf seinem Meisterwerk Vogelgespr?che, gefolgt von einer Zusammenfassung der Geschichte von Scheich Sanaan aus diesem Werk. Dabei werden die zentralen Stellen in Versform angegeben. Auch diese Geschichte wird in Zusammenhang mit der sufistischen Mystik analysiert.
Um die These weiterzuverfolgen, dass Goethe sufistische Gedanken entwickelte, werden in dem Hauptteil dieser Arbeit anhand der bisher dargestellten Erkenntnisse die Parallelen aus den beiden Werken Faust und Vogelgespr?che herausgearbeitet. Von zentraler Bedeutung ist die Haltung der beiden Literaten in den hier analysierten Werken zur Liebe, Vergebung und zur Erl?sung durch die reine Liebe. Dar¨¹ber hinaus wird in diesem Kontext untersucht, welche Parallelen darin erkennbar sind, dass beide Protagonisten auf einem vorbestimmten Weg gef¨¹hrt werden.
Das abschlie?ende Kapitel beleuchtet anhand von Schlussfolgerungen aus der bisherigen Untersuchung die Frage, inwieweit Goethes Verst?ndnis von Liebe jenem des Sufismus entspricht.
Mareike Gramer
Hiob ¨C der Antiheld. Die Reartikulation des Hiob-Mythos bei Joseph Roth, Karl Wolfskehl und Maxim Biller.
Wer sind die Hiobs des 20. und 21. Jahrhunderts? Joseph Roth (1930), Karl Wolfskehl (1950) und Maxim Biller (2000) haben den biblischen Hiob-Mythos in ihren Werken explizit in den Mittelpunkt gestellt. Der biblischen Hiob-Figur kommt als wichtigster Deutungsfigur der Shoah in der j¨¹dischen Erinnerungskultur eine immense Bedeutung zu. So ¨¹berrascht es umso mehr, dass die Erforschung des Hiob-Mythos in deutschsprachig-j¨¹discher Gegenwartsliteratur bislang noch ausgeblieben ist.
Im Zentrum der Analyse steht die These, dass Maxim Billers Roman Die Tochter in erster Linie als deutschsprachig-j¨¹discher Hiob-Roman des beginnenden 21. Jahrhunderts gelesen werden sollte. Billers Buch erweist sich als ein die gesamte Tradition der Hiob-Geschichte reflektierendes und reartikulierendes Werk, das nicht nur die Shoah in den Blickpunkt seiner Betrachtung stellt, sondern auch die Aporien im Verh?ltnis zwischen Vertretern der zweiten Generation eindrucksvoll ausgestaltet.
Das Projekt versteht sich in diesem Sinne als ein Beitrag zu einer gr??eren Diskussion um die j¨¹disch gepr?gte Erinnerungskultur und ihre besonderen Mechanismen und Funktionen im gesellschaftlichen Kontext einer nichtj¨¹dischen Hegemonialkultur. Die Dissertation wird gef?rdert vom Evangelischen Studienwerk Villigst e.V.
Chris W. Wilpert
Erl?sende Geschichten ¨C Erz?hlen von der Nachgeschichte der Shoah und des Sowjetkommunismus in Thomas Harlans Prosawerken Rosa, Heldenfriedhof, Die Stadt Ys und Veit.
Thomas Harlans Romane Rosa und Heldenfriedhof, der Erz?hlband Die Stadt Ys und die Anklage?schrift Veit, gerichtet an seinen Vater Veit Harlan, lassen sich als ein Projekt der Transformation und Fiktionalisierung von dokumentierter bzw. vom Autor recherchierter (Nach-)Geschichte (der Shoah) lesen. In einer g?nzlich postmodernen Erz?hlweise, die historische Personen, Ereignisse und Doku?mente (Briefe, Prozessabschriften, Fotos etc.) mit pers?nlicher Erinnerung, Fiktionen, Einsch¨¹ben von Gedichten oder nachgerade fantastischen, zumindest widerspr¨¹chlichen Erz?hler*innen-Spal?tungen zusammenprallen l?sst, gelingt es Harlan, literarisierte Historiografien zu schreiben; die Texte werden zu Vermittlern historischer Tatsachen. Die Br¨¹che, die dabei entstehen, r¨¹tteln nicht so sehr an der Wahrheit der (erz?hlten) historischen Ereignisse, sondern stellen vielmehr die M?g?lichkeit der nicht-historischen Ereignisse zur Disposition, das Erfinden wird ?ein Versuch zur Ver?tiefung der Wirklichkeit? (Harlan).
In meinem Forschungsvorhaben sollen nun ¨¹ber die Untersuchung von Harlans Umgang mit Archiven, Intertexten, kollektiver Erinnerung und abstrakten Kategorien wie Verbrechen, Schuld und Wahrheit die poetologischen, ?sthetischen und geschichtsphilosophischen Bedingungen der literarischen Fiktionalisierung von Geschichte in seinen Prosawerken analysiert werden.
Thomas Lehner
Gattungsreflexion und Erz?hlverfahren in Moritz Heimanns Novellen
Moritz Heimann (1868¨C1925) besa? als Lektor des Verlages S. Fischer im literarischen Feld der Moderne einen ¨¹berragenden Einfluss. Er war au?erdem als Literaturkritiker und Essayist sowie als Autor von Novellen und Dramen t?tig. Sein Werk geriet jedoch schnell in Vergessenheit und wird bis heute ignoriert.
Die Arbeit setzt es sich zum Ziel, die zw?lf Novellen Moritz Heimanns erstmals zu analysieren und sie mit ihren Besonderheiten und Qualit?ten in den Kontext der Epoche um 1900 zu stellen. Ausgepr?gte meta-narrative und gattungsreflexive Z¨¹ge bestimmen Heimanns Novellen von Anfang an und charakterisieren sie als hochrangige Gruppe innerhalb der Novellistik um 1900. So tritt in seiner ersten Erz?hlung mit dem Titel Mr. Tullers Respect (1895), die bewusst zwischen Novelle und Kurzgeschichte schwankt, Edgar Allan Poe auf, transferiert in eine Handlung, die die Situation der Hauptfigur in Hamsuns Roman Hunger gegen den Strich liest. Die ausgedehnte Novelle mit dem Titel Dr. Wislizenius schildert eine Begegnung zwischen einem Autor und seinem Lektor ¨C eine einzigartige Auspr?gung einer K¨¹nstlergeschichte.
Die Gruppe der zw?lf Novellen Heimanns l?sst sich gliedern nach K¨¹nstlergeschichten einerseits und Geschichten um Kindheits-und Adoleszenzerfahrungen andererseits. Heimanns Bezugnahmen auf diese beiden Diskursfelder des beginnenden 20. Jahrhunderts aufzuzeigen und in den Gesamtkontext des Erz?hlens zu integrieren, betrachte ich als zentrale Aufgabe der Arbeit.