Kulturdenkmal ?DEUSTERKELLER“ in D-97318 Kitzingen

Die Entwicklung der frühindustriellen Bierkeller-Anlagen des Thomas Ehemann im 19. Jahrhundert

Auftraggeber: Verein ?Die Deusterkeller e. V.“, Alte Schulgasse 4, D-97320 Sulzfeld, www.diedeusterkeller.de

Leitung: Prof. Dr.-Ing. Stefan Breitling, Dr. Volker R??ner, M. A.

Laufzeit: seit 2008

Die heute als ?Deusterkeller? bekannten Kelleranlagen erstrecken sich im Kernbereich unter dem Anwesen Hindenburgring Nord 15 im Vorfeld der ehemaligen Stadtmauer von Kitzingen. Unter Verwendung ?lterer Vorg?nger wurde durch den Bierbrauer Thomas Ehemann (1792-1872) ein umfangreiches System von Lager-, G?r- und Eiskellern geschaffen, das zur Herstellung von Exportbier diente und Kitzingen im 19. Jahrhundert weltweit bekannt machte. Die gut erhaltenen Keller mit ihren gew?lbten G?ngen und ihrer gewaltigen Ausdehnung zeugen von einer frühen Phase der industriellen Bierherstellung und sind ein Kulturdenkmal besonderen Ranges.

Die Kelleranlagen sind in mehreren Abschnitten entstanden, wie historisches Plan- und Bildmaterial, archivalische Quellen und nicht zuletzt die unterschiedlichen baulichen Strukturen vor Ort belegen. Im Rahmen eines Forschungsprojektes werden durch die Universit?t Bamberg zusammen mit Dr. Volker R??ner und dem Verein “Die Deusterkeller e.V.” die Keller digital vermessen und ihre Baugeschichte untersucht.

Die Entstehung der Kelleranlagen

1830 kaufte der Bierbrauer Thomas Ehemann einen Acker ?am Schie?graben zwischen 2 Wegen, mit dem darunter befindlichen Keller? für 500 Gulden (blau in der Kartierung Abb. 3). Ein Jahr darauf gab er das Gastst?tten-Recht seiner in der Stadt liegenden Wirtschaft auf, da er ?in der jüngsten Zeit durch ver?nderte Einrichtung meiner Brauerey, alle Stallungen dazu benuzen mu?te?. Die beiden Quellen sprechen dafür, dass seit dieser Zeit das Kitzinger Exportbier in industriellem Ausma? hergestellt wurde. In der Folge wird Ehemann dieses Kellersystem nach und nach ausgebaut haben. Der Zugang zu den Kellern lag in der Gabelung zwischen Hindenburgring und Hohlweg. Historische Abbildungen belegen einen tiefer liegenden Nebeneingang im Stadtgraben (Abb. 2 und 4). Sie zeigen auch Belüftungssch?chte, welche auf die drei nach Süden verlaufenden Kellerr?hren hinweisen (blau).

Thomas Ehemann erwarb 1839 einen ersten Acker auf dem n?rdlich gelegenen ?Deustergel?nde? und plante dort einen weiteren Keller anzulegen. Hierzu beantragte er bei der Stadt den dazwischen liegenden, heute noch vorhandenen Hohlweg untergraben zu dürfen, um so eine Verbindung zwischen seinen bestehenden Kellern und dem neu anzulegenden zu schaffen. Im Mai 1845 kaufte Ehemann die Grundstücke, unter denen die heute vom Schützenverein Kitzingen benutzten Keller liegen. Demnach k?nnten dieselben kurze Zeit sp?ter angelegt worden sein. Die gro?en Keller n?rdlich des Hohlwegs, die heute von der Sektkellerei genutzt werden, entstanden nach 1863 (rot). In diesem Jahr gelang es dem Exportbierbrauer, den übrigen, gr??ten Teil des ?Deustergel?ndes? zu kaufen. Vom Kolosseum an bis hinauf zur einstigen Bahnstrecke Kitzingen–Gerolzhofen geh?rte ihm der gesamte Grund. 1865 müssen die Keller unter diesem Gel?nde vollendet gewesen sein, denn die Stadt erlaubte Ehemann, eine Brücke über dem Hohlweg zu errichten, die beide Kelleranlagen oberirdisch verband.

Die sp?teren Erweiterungen

Thomas Ehemanns Schwiegersohn Carl Reichard von Deuster und dessen Bruder und Teilhaber Oskar veranlassten 1883/84 als Gesch?ftsführer der Ehemannbr?u die Errichtung des heute ?Schlosskeller? genannten Bierkellers (orange). Zeitgleich kaufte Carl Reichard von Deuster das nahe gelegene Schloss innerhalb des historischen Stadtmauerberings und baute es um. Der neue Keller lag nicht unter dem Schloss, sondern entstand, indem man den vormaligen Stadtgraben mit einem Gew?lbe überspannte. So kam er unmittelbar vor den drei nach Süden verlaufenden, ?lteren Kellerg?ngen zu liegen. Der ehemalige Nebeneingang des ?ltesten Kellersystems (Abb. 3) ist seitdem der Zugang zum neuen Gew?lbe. Eine gro?e Lagerhalle schloss den Keller nach oben ab (Abb. 6).

Im April 1885 verkauften die Brüder von Deuster die Brauerei Ehemann. Diese wurde in der Folge in eine Aktienbrauerei umgewandelt. Die Zeit des Exportbier-Booms war durch die Einführung der von Carl von Linde erfundenen Kühlanlagen zu Ende. Die Kellereigeb?ude verblieben bei der Aktienbrauerei, bis diese kurz nach 1900 selbst Kühlmaschinen anschaffte. Carl Reichard von Deusters Sohn Theodor kaufte 1904 die bedeutungslos gewordenen Keller von der Brauerei zurück und lie? die Brauereihalle über dem ?Schlosskeller? abbrechen. Die n?rdliche Schlossgartenmauer und das G?rtnerhaus Hindenburgring Nord 15 entstanden, die heute noch erhalten sind.

Quellen: Archiv Dr. Eckart von Deuster, Stadtarchiv Kitzingen, Vermessungsamt Kitzingen.

IX 2008

Masterarbeit "Die Deuster-Keller in Kitzingen- Bauforschung und 3D- Laserscan"