Welterbe als Prozess und Aufgabe
Der K?lner Dom als Meisterwerk menschlicher Sch?pfungskraft oder Machu Picchu als Zeugnis vergangener Kultur: Die UNESCO-Kriterien, die Welterbe definieren, bestimmen Kulturobjekte und -st?tten als universelle Bedeutungstr?ger. Hinter diesen Kategorien verbergen sich vielschichtige Zug?nge und sich wandelnde Herausforderungen im Umgang: Die originale Bausubstanz eines mittelalterlichen Geb?udes zu erhalten, ist beispielsweise ebenso bedeutsam, wie immaterielles Welterbe – Kulturtechniken, Br?uche und Riten – als lebendiges und entwicklungsf?higes Gut zu f?rdern. Anl?sslich des Europ?ischen Kulturerbejahres 2018, das mit dem 25-j?hrigen Welterbejubil?um Bambergs zusammenf?llt, widmet sich die Universit?t Bamberg in der aktuellen Ausgabe des Forschungsmagazins ?uni.vers“ (Mai 2018) diesen Facetten und der Komplexit?t des Welterbes auf regionaler und internationaler Ebene. Unter dem Titel ?Der universelle Wert“ sind Beitr?ge von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Arch?ologie, Denkmalpflege, Geschichte, Medi?vistik, Ethnologie und P?dagogik vereint.
Insgesamt zw?lf Beitr?ge besch?ftigen sich mit verschiedenen Aspekten des kulturellen Welterbes: Zum Beispiel entlockt neueste 3D-Technik barocken Deckenmalereien Geheimnisse und arch?ologische Funde verraten bisher Unbekanntes über die Bamberger Stadtmauern. Die franz?sische Kolonialarchitektur in Grand Bassam gilt es als ehemaliges Handelszentrum der Elfenbeinküste und Erinnerungsort an europ?ische Zuwanderung unter tropischen Bedingungen zu erhalten. In Syrien zerst?rt der Krieg die antike Oasenstadt Palmyra: Was bleibt, ist ein immaterielles Erbe, anhand dessen sich das Konzept einer zukunftsf?higen, multikulturellen Gesellschaft nachzeichnen l?sst. Als Beispiele dafür, wie Denkmalschutz und Stadtentwicklung gemeinsam neues Welterbe hervorbringen, dienen das italienische Bergamo und die Amalfiküste. Ethnologie und P?dagogik stellen schlie?lich Dokumentation, Erhalt und Vermittlung des immateriellen Erbes – Kulturtechniken, Br?uche und Riten – in den Vordergrund und beleuchten dessen identit?tsstiftende Kraft.
Den Beitr?gen liegt das Verst?ndnis zugrunde, dass alle Menschen als Kulturwesen ?Welterben“ sind. ?Welterben“ partizipieren an Kulturgütern und profitieren von ihnen, über Generationen hinweg erlangen sie Wissen und entwickeln ihr K?nnen weiter. Ihr Verh?ltnis zum Welterbe ist dabei nicht immer ein geteiltes, sondern kann auch ein ambivalentes sein. Prof. Dr. Gerhard Vinken, Inhaber des Lehrstuhls für Denkmalpflege, verdeutlicht die Doppeldeutigkeit kulturellen Erbes beispielsweise an der V?lklinger Eisenhütte im Saarland. 1994 wegen ihres universellen Wertes als Eisenwerk aus der Blütezeit der Industrialisierung von der UNESCO zum Welterbe benannt, war sie w?hrend des Zweiten Weltkrieges für zigtausende nicht-deutsche Zwangsarbeiter ein traumatisierender Ort der Versklavung. ?Will man Welterbe als geteiltes Erbe begreifen, brauchen solche Gedenk-Narrative einen angemessenen Raum“, so Gerhard Vinken.
Das Forschungsmagazin m?chte einen Beitrag dazu leisten, kulturelles Erbe über enge Kriterien und nationalstaatliche Grenzen hinaus zu denken, und zu kritischer Reflexion und Diskussion anregen. Welterbe in dieser Hinsicht als Prozess und Aufgabe zu verstehen, ist deshalb ein Ansatz, den sowohl die Bamberger Forscherinnen und Forscher als auch das Kulturerbejahr 2018 verfolgen.
Die ausführlichen Einzelbeitr?ge und die komplette Ausgabe zum Download gibt es unter www.uni-bamberg.de/univers-forschung.
Bild ?V?lklinger Hütte“(384.6 KB): Die V?lklinger Hütte steht exemplarisch für die Doppeldeutigkeit kulturellen Erbes: Einerseits gilt sie als stolzer Ausweis einer innovativen Stahlindustrie, andererseits als Ort demütigender Zwangsarbeit zur Zeit des Zweiten Weltkriegs.
Quelle: Lokilech/Wikimedia Commons
Bild ?Kaisersaal“(1.0 MB): So wie 3D-Scans neue Zug?nge zu den barocken Deckenmalereien im Kaisersaal der Neuen Residenz in Bamberg er?ffnen, so stellt das Forschungsmagazin ?uni.vers“ Welterbe in all seiner Komplexit?t durch eine Vielzahl von Perspektiven dar.
Quelle: Max Rahrig/Universit?t Bamberg
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