Gro?e ZeMaS-Exkursion nach Südskandinavien

In den skandinavischen L?ndern hat das Mittelalter und die Wikingerzeit einen hohen kulturhistorischen Stellenwert. Diese Epochen brachten ganz eigene Stile und reiches Kunsthandwerk hervor. Auch mittelalterliche Bauwerke sind dort in einzigartiger Weise erhalten, was nicht zuletzt auf eine gut funktionierende und aktive Denkmalpflege zurückzuführen ist. Die Exkursion wollte nach einem intensiv vorbereitenden Seminar, das die Hauptaspekte der nordischen Kunststr?mungen des Mittelalters und die Stil- und Sprachentwicklung zum Gegenstand hatte, die Denkmale vor Ort erleben und greifbar machen. Dazu bot sich ein Besuch D?nemarks an, wo in Art einer Rundreise die wichtigsten "mittelalterlichen Zentren" besucht wurden: Haithabu in der N?he von Schleswig (Wikingerhandelsplatz des 9. und 10. Jahrhunderts), Ribe (Handelsplatz an der Nordsee), Jelling (früher Fürstensitz der Wikingerherrscher), Aahus (Moesgard-Museum – das wohl beste Arch?ologie-Museum der Welt), Silkeborg (Moorleichen), Roskilde (fünf Wikingerschiffswracks), Insel Moen (Kirchen mit hoch- und sp?tmittelalterlicher Wandmalerei) und auf der Heimfahrt Lübeck (Stadtentwicklung, Hanse). 

Tag 1, 22.09.2019
Text: Ursel Obst-Kestel

Mit zwei Kleinbussen fuhren wir, 16 Studierende und die Exkursionsleiterin Dr. Nelo Lohwasser, am Sonntag, den 22.09.2019 von Bamberg ab in Richtung Norden. Der erste Halt erfolgte in der Universit?ts- und Bischofsstadt Hildesheim.

Vor dem Hildesheimer Dom gab Lukas Amberg in einem Kurzreferat einen ?berblick über die Bedeutung und die geschichtlichen Ereignisse der Stadt. Hildesheim, mit seinen gut 100.000 Einwohnern, ist heute Teil-UNESCO-Weltkulturerbe und liegt am Fluss ?Innerste“, im Süden Niedersachsens. Erste Erw?hnung findet eine s?chsische Siedlung im Bereich der heutigen Stadt. Die Gründung des Bistums Hildesheim durch Ludwig den Frommen wird auf das Jahr 815 datiert.

In dieser Zeit wurden unter Karl dem Gro?en zahlreiche Pfalzen, St?dte und Bistümer entlang der Handelsstra?e Hellweg gegründet, so auch Hildesheim. Der Hellweg entwickelte sich, ausgehend von der Limesstra?e westlich des Rheins, über einen weiteren Ausbau ?stlich des Rheins im 5. bis 8. Jahrhundert zur wichtigsten Reichsstra?e ?via regis“ und wurde im Laufe des Mittelalters zur bedeutendsten Handelsverbindung in polnische Gebiete und für die Hanse und zum Pilgerweg.

Der Hildesheimer Mariendom wurde unter Bischof Altfried in der 2. H?lfte des 9. Jahrhunderts errichtet. Er orientierte sich am Petersdom in Rom mit westlicher Ausrichtung. Heute ist der Bau in der Au?enansicht romanisch und im Innenraum gotisch. Im 10. Jahrhundert erhielt der Dom durch Bischof Othwin mehrere Reliquien, wodurch Hildesheim zum Pilgerort wurde. Bischof Bernward war es dann, der dem Mariendom die Bernwardtür stiftete, die ?lteste figürlich geschmückte Tür des Mittelalters.

Der Bau der Michaeliskirche im 11. Jahrhundert, mit der für diese Zeit typischen Doppelchoranlage, geht ebenfalls auf Bischof Bernward zurück. Das bekannteste Kunstwerk ist hier die Christuss?ule, auch Bernwards?ule genannt. Erw?hnenswert ist die Grablege, die sich Bischof Bernward bereits zu Lebzeiten errichten lie?, für diese Zeit ein Novum.

Die Basilika St. Godehard wurde im 12. Jahrhundert errichtet. Von keinerlei sp?teren Umbauten beeintr?chtigt und im 2. Weltkrieg weitgehend verschont, ist ihr romanischer Baustil unverf?lscht erhalten. In ihrem Inneren ist sie reich ausgestattet.

Im 11. und 12. Jahrhundert wurde Hildesheim zu einer bedeutenden Siedlung im Ottonenreich und 1146 als ?civitas“/Stadt bezeichnet.  Im 13. Jahrhundert erhielt sie eine vom Bischof separate Verwaltung. Handwerkergruppen schlossen sich zu Zünften zusammen und Quartiere, Stra?en und H?user wurden nach den dort lebenden Zünften benannt, wie auch das bekannte Knochenhaueramtshaus. Im 14. bis 16. Jahrhundert wurde Hildesheim einfache Reichsstadt, Mitglied der St?dtehanse und es wurden zahlreiche pr?chtige Fachwerkh?user errichtet.

Einen Wendepunkt erf?hrt die Stadt im 30j?hrigen Krieg. Durch zahlreiche Plünderungen und finanzielle Ausbeutung, durch Zusammenbruch der Hanse und der St?dtebündnisse verlor sie an Bedeutung und verarmte. Zum Ende des 2. Weltkrieges wurde Hildesheim bombardiert und 90 % der Altstadt wurde zerst?rt. Bedeutende Baudenkm?ler, wie der Mariendom, die Michaeliskirche und das Knochenhaueramtshaus wurden wieder vollst?ndig rekonstruiert. In der Denkmalpflege wird dies kontrovers diskutiert. 1985 erhielten der Dom und die Michaeliskirche den Titel UNESCO-Weltkulturerbe.

Nach einer kurzen Besichtigung der Hildesheimer Altstadt mit dem Knochenhaueramtshaus am Alten Markt ging es weiter zu unserem ersten ?bernachtungsort ?Fellhorst“, kurz vor der deutsch-d?nischen Grenze und 8 km entfernt vom Wikinger-Museum Haithabu, das am 2. Exkursionstag besichtigt werden soll.

Tag 2, 23.09.2019
Text: Volker Gelhaus

Der Montag stand g?nzlich im Zeichen des Besuchs in Haithabu, dem wohl bekanntesten wikingerzeitlichen Fundort Deutschlands, und damit sicherlich für viele ein Highlight der Exkursion. Haithabu oder Hedeby, wie der Ort in skandinavischen Quellen genannt wird, war im 9. und 10. Jahrhundert einer der wichtigsten Handelsh?fen des Nord- und Ostseeraums und generell eine der gr??ten Siedlungen dieses Kulturraums.

Den Auftakt machte eine Führung durch das frisch renovierte Museum von Haithabu, durch die neu konzipierte Ausstellung führte uns Dr. Volker Hilberg, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Museums Gottdorf, zust?ndig für Wikingerzeit und Mittelalter. Themenschwerpunkte der Ausstellung waren Siedlungsgeschichte des Ortes und die Geschichte und Kultur der Wikingerzeit allgemein, zu bestaunen waren aber auch bekannte Fundstücke, so z. B. die Schiffswracks und die Kirchenglocke, die in den 1970er Jahren bei Tauchg?ngen im ehemaligen Hafenbecken der Siedlung zum Vorschein kamen. In der sog. Schiffshalle waren Teile der vor Ort gefundenen Wikingerschiffe und ein teilweiser Nachbau zu sehen, begleitet wurde dies von Erl?uterungen über die Seefahrt und die Entdeckungsfahrten der Wikingerzeit.

Auch wurde uns die Geschichte der Grabungen in Haithabu erl?utert. Da es sich um eine der ersten Grabungen der Mittelalter-Arch?ologie in Deutschland überhaupt handelte, die ersten Ausgrabungen fanden bereits 1900 statt, stellt dies die heutigen Arch?ologen teils vor betr?chtliche Probleme, da damalige Grabungsmethoden natürlich von heutigen stark abwichen, und auch Publikation und Archivierung der Funde uneinheitlich waren.

Eine Besonderheit des Fundortes Haithabu ist die au?erordentlich gute Holzerhaltung, da weite Teile des Siedlungsareals unter dem Grundwasserspiegel liegen. Dies erm?glichte die Rekonstruktion von h?lzernen Geb?uden in Form eines kleinen Freilichtmuseums, das wir dann auch besuchten. Neben den rekonstruierten Geb?uden - aus museumsp?dagogischen Gründen wurde jeweils ein Geb?ude von jedem in Haithabu üblichen Typ nachgebaut - waren auch ein h?lzerner Anlegesteg und einige originalgetreue Nachbauten der in Haithabu gefundenen Schiffe zusehen.

Einen kleinen Eindruck von der Gr??e und enormen Weitl?ufigkeit der Siedlung bekamen wir bei einem l?ngeren Rundgang durch das Gel?nde, der uns unter anderem einmal über den Ringwall der Anlage führte, der immer noch deutlich im Gel?nde zu erkennen ist und eine imposante H?he hat. Im Rahmen dieses Rundgangs besuchten wir auch die aus dem 10. Jahrhundert stammenden Runensteine von Haithabu und h?rten ein Referat von Anna Ernesti über diese; dabei wurde uns der Inhalt der Inschriften und die Verwendung von Runen allgemein erl?utert. Die Originale der Steine stehen heute im Museum, w?hrend im Gel?nde Kopien an den ursprünglichen Fundorten aufgestellt wurden. Hauptzweck der Errichtung der Steine war ihre Memorialfunktion. 

Im Rahmen des Rundgangs kamen wir auch an einen amphitheater-?hnlichen Ort, der in einen Hang hineingebaut ist und in der Nazizeit für Versammlungen genutzt wurde. An Hand dessen wurde uns auch die Instrumentalisierung der Wikingerzeit für Zwecke der NS-Propaganda erl?utert. Nicht von ungef?hr fanden einige der fl?chenm??ig gr??ten Ausgrabungen in der Siedlung in den 1930er Jahren unter Herbert Jankuhn statt, der nicht nur Arch?ologe, sondern auch prominentes Mitglied der SS war. Offensichtlich verhinderte nur der Kriegsausbruch 1939 die Errichtung einer gro?en Schulungsanlage der SS in Haithabu.

Mit diesen nachdenklich stimmenden Informationen setzten wir unseren Rundgang über den Ringwall fort und sahen unter anderem den Verlauf des Danewerks im Gel?nde, einer Wallanlage die ab dem 8. Jahrhundert errichtet wurde und einen Teil der damaligen d?nischen Südgrenze markierte. Peripher zum Danewerk und haupts?chlich zum deutsch-d?nischen Konflikt referierte Jakob St??lein. Nach einer l?ngeren Vorgeschichte aus Einzelereignissen auf beiden Seiten kam es 1864 zu milit?rischen Auseinandersetzungen, bei denen die sich beim Danewerk verschanzten D?nen selbiges aufgeben mussten. D?nemark verlor den Anspruch auf Schleswig, Holstein und Lauenburg und damit 2/5 seines Gebiets und 1/3 seiner Bürger. Zwei Jahre sp?ter, nach dem Deutschen Krieg 1866, kam Schleswig-Holstein an Preu?en.         

Tag 3, 24.09.2019
Text: Julian Pietsch

Der dritte Tag unserer Exkursion führte uns endlich über die d?nische Grenze. Der Norden begrü?te uns gleich mit typisch nebligem Wetter, auch bei gleichzeitigem Sonnenschein. Unser erstes Ziel war das ?Ribe VikingeCenter“ nahe der namensgebenden ?ltesten arch?ologisch nachweisbaren Stadt D?nemarks, eine Zusammenstellung von Rekonstruktionen verschiedener wikingerzeitlicher Ensembles aus dem frühen 8. bis sp?ten 10. Jahrhundert, die in der Gegend um Ribe durch Grabungen entdeckt wurden – eine der bedeutendsten für Handel, Handwerk und Landwirtschaft dieser Zeit. Besonders herauszuheben ist der Nachbau einer Ansgar-Kirche von ca. 860, die der Missionar als erste im ganzen skandinavischen Raum hier errichten lie? und deren ?berreste heute wohl unter dem Dom von Ribe liegen. Das Center bietet interaktive Einblicke in die historische Lebenswelt, Handwerk und Kriegsführung wie z.B. Bogenschie?en. Wir trafen dort auch auf eine deutsche Reenactment-Gruppe, die sich für einige Wochen hier ?eingemietet“ hatte.

Da Ribe auf unserer Reise nicht die einzige Station für Rekonstruktionen und ?Living History“ war, entschied sich ein Teil der Gruppe stattdessen für die Option, an den Nordseestrand bei Esbjerg zu fahren, wo die neun Meter hohe Skulpturengruppe ?Der Mensch am Meer“ von Svend Wiig Hansen zu sehen war. Danach ging es allerdings wieder für alle gemeinsam weiter zur Mittagspause in der Stadt Ribe, mit der M?glichkeit einer Besichtigung des aus romanischen und frühgotischen Elementen bestehenden Doms.

Bamberger Katalog (Universit?tsbibliothek)

  • FIS (Forschungsinformationssystem)
  • FlexNow2
  • Intranet
  • Office 365
  • Online-Dienste
    (Studierendenkanzlei)
  • UnivIS 
  • Uni-Webmail:
    https://mailex.uni-bamberg.de
    https://o365.uni-bamberg.de
  • Virtueller Campus